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Artikel Marchanzeiger

Aktualisiert: 17. Mai



Einen Weltmeister zu Besuch bekommt man nicht alle Tage. Der Segelclub Oberer

Zürichsee (SCOZ) in Nuolen kommt morgen Abend im Hotel Schi! in Pfäffikon in diesen Genuss. Christian Zürrer, ursprünglich am Zürichsee in Au aufgewachsen, nun in Sarnen wohnhaft, wird sich die Ehre geben. Er wird sein Team Black Star Sailing vorstellen. Vor allem geht es darum, den Schweizer Segelnachwuchs zu fördern. Das hat sich der umtriebige Segler auf die Fahne geschrieben. Sein Team segelt in der RC44-Klasse. Eine hochmoderne Monohull-Jacht. Alle Boote in dieser Kategorie sind baugleich. Das heisst, das seglerische Können ist entscheidend, nicht das Material. Zürrer will, dass sich vermehrt

junge Schweizer Segler getrauen, sich dem Spitzensport mit Wind und Wasser zu widmen. Er ist überzeugt, dass der Nachwuchs dazu in der Schweiz vorhanden wäre. Leider beschränke sich das Interesse vornehmlich auf die Westschweiz. «Ich denke, auch in der

Deutschschweiz ist professionelles Segeln möglich. Prominent ist der Schweizer Segelsport natürlich durch Alinghi bekannt geworden und wird es in nächster Zeit wieder sein. Alinghi macht sich auf, eine neue America’s-Cup-Kampagne zu bestreiten. «In der Westschweiz wird mehr Geld ins Segeln investiert als in der Deutschschweiz », weiss Zürrer aus Erfahrung.


Auch in der Deutschschweiz professionell segeln

Der Platz auf der berühmtesten Schweizer Jacht Alinghi ist beschränkt, da will Zürrer ansetzen. Auch er bietet ambitioniertes, internationales Segeln an, kann viel Erfahrung aufweisen und weitergeben. Black Star Sailing segelt in der RC44-Klasse, neun Teammitglieder, davon sind mindestens eine Frau und mindestens zwei Amateursegler

mit an Bord. Halbe Sachen will der ehrgeizige Segler nicht machen, kann aber auch keine Vollzeitstellen anbieten. «Zwischen 50 und 80 Tage kann ich die Segler auf meiner Jacht pro Jahr beschäftigen.» Den Rest der Zeit sind sie erwerbstätig oder segeln in anderen Teams. Die jungen, talentierten Segler haben bei Black Star Sailing die Gelegenheit, das Segeln als Ganzes zu verfeinern und auf eine höhere, ambitionierte Stufe zu bringen. «Ich bin der Meinung, dass man auf dem Segelboot alles können muss. Ganz wichtig an Bord ist, dass jeder seine Position kennt und weiss, was dazugehört. Ein Beispiel: Wenn jemand ein Seil bedient, muss er doch wissen, wo dieses unten im Schi!srumpf durchläu. So kann er einen Defekt selber beheben und muss nicht ein Supportboot anfordern.» Christian Zürrer hat lernen müssen, dass es in der Schweiz gar nicht so einfach ist, junge, ambitionierte Segler zu finden. «Ich bin ein bisschen ‹auf die Welt gekommen›. Ich hatte das Gefühl, die wollen das gar nicht. Ich hatte viele unrealistische Anfragen.» Wettkampf segeln sei halt nicht mit

dem ‹Bötlen› am Wochenende zu vergleichen. «Als Leistungssportler muss man halt auch die Woche durch viel investieren. » Dafür fehlten laut Zürrer das Verständnis und der Biss bei

jungen Seglern. Nicht immer ganz einfach in einem Land, wo es heisst, «lerne zuerst etwas Richtiges». Zürrer ist sich sehr wohl bewusst, dass es einen grossen Schritt und viel Mut braucht, um diesen Weg zu gehen. «Es wird schon klappen, aber vielleicht geht es einfach länger, als ich gedacht habe.»


«Ich bin ein bisschen

‹auf die Welt

gekommen›.»


Das Ziel für einen jungen Segler, das ist nicht nur in der Schweiz so, sind die Olympischen Spiele und der America’s Cup. Das entspricht der Champions League im Fussball. «Es ist Prestige, das ist mir bewusst.» Aber Segler im Team auszubilden und dann für viel Geld zu

Alinghi zu transferieren, das funktioniere im Segeln nicht. «Das geht im Fussball, aber bei uns auf keinen Fall.»


Ein Segelboot statt ein Mofa

Zürrer selbst ist erst spät mit dem Segelsport in Kontakt gekommen. «Nicht klassisch», wie er sagt. «Mein Vater hatte irgendwann einmal die Idee, eine alte Holzsegeljacht zu kaufen.» Das Interesse und die Faszination waren geweckt, der Schritt in den Yacht Club Au kurz. «Mich hat immer das Wettkampfsegeln interessiert. Vor allem der Wettkampf Schi! gegen Schi! in den One- Design-Klassen.» Anstelle eines Mofas kau#e sich der 14-jährige Zürrer eine 470er Jolle. Sowohl im Club als auch in der Familie war Zürrer damals der einzige

Segler, der auch internationale Wettkämpfe ambitioniert bestritten hat. «Früher war Segeln noch nicht die Materialschlacht, die es heute ist. Der Aufwand war auch geringer», sagt

Zürrer.

War Zürrer in jungen Jahren erfolgreich? «Es hat für Teilnahmen an Schweizer-, Europa- und Weltmeisterschaften gereicht, aber international für die Top-10 nie. 2003 wurde ich Schweizermeister. All das war aber auf einem Amateur-Level. Ich habe damals immer Vollzeit gearbeitet.»


Heute ist erfolgreiches, internationales Segeln schon von klein auf mit riesigem Aufwand verbunden. «Ein Olympiakandidat heute ist 256 Tage im Jahr auf dem Wasser. Er muss Profi

sein.» Damit steigt auch der finanzielle Aufwand. Auf den elitären Hauch des Segelsports angesprochen, hat Zürrer eine klare Meinung. «Ja, das kann schon sein. Aber wenn jede Seegemeinde den Seglern die gleiche Infrastruktur wie einem Fussballclub zur Verfügung stellen würde, also Landeund Einstellplätze, könnte jeder günstig Segelsport betreiben.»


Lange ist Zürrer Einhand, also alleine, gesegelt. «Ich hatte Mühe, Leute zu finden, die den gleichen Ehrgeiz wie ich hatten», schmunzelt er. Die Tour de France à la Voile bestritt er als Skipper mit einem Team, in dem einige Mitglieder mehr auf Party als auf Segeln aus waren. Von da an wollte Zürrer ein eigenes Team gründen mit dem Motto «Wer zahlt, befiehlt.» Also konnte er bestimmen, wer mitsegelt. Wenn es zwischenmenschlich oder leistungsmässig

nicht mehr stimmte, konnte Zürrer reagieren. «Der zeitliche und finanzielle Aufwand ist zu gross, um einfach ein bisschen in der Weltgeschichte herumzusegeln», erklärt der 55-Jährige. 2018 hat er eine Bootsklasse gesucht, die seinen Ansprüchen gerecht wurde. Es wurde die GC32-Klasse, in der er mit dem Black Star Sailing Team 2022 den Weltmeistertitel holen sollte. 2019 hat er das Team gegründet und begonnen, zu trainieren. Der erste Erfolg stellte sich bereits 2020 ein, als das Team aufgrund der Situation um abgesagte Wettkämpfe «fremd» ging und in der M32- Klasse den Europameistertitel holte.


«Es wird wohl

keinen Ort geben,

wo so viele Olympiaund

America’s-Cup-

Sieger anzutre!en

sind.»

WM auf dem Urnersee

Vom 21. bis zum 25. August wird Brunnen ein Segel-Hotspot mit einer guten Infrastruktur und viel Publikumsnähe. Auf dem Urnersee findet die RC44-WM statt. «So hart auf dem Wasser gekämpft wird, so freundscha#lich ist der Umgang an Land unter den Konkurrenten.

Davon soll sich die Bevölkerung auch Ende Sommer in Brunnen überzeugen können», ho$ Zürrer. Er wird mit seinem Team von Black Star ebenfalls am Start sein. «Es wird wohl keinen Ort geben, wo sich so viele Olympiasieger, Weltmeister und America’s Cup-Sieger bewegen werden», schwärmt er. Die Namen sind unwichtig, die kennt wohl keiner. Aber Stars zum Anfassen wird es geben. «Das sind alles ganz normale Leute, haben keine Starallüren, das ist überhaupt nicht elitär.» Pro Tag sind drei Rennen geplant, wobei die Renndistanz gezielt variiert wird, um eine Dauer von 35 bis 40 Minuten einzuhalten. «Das Wasser muss bei der RC44-Regatta für den Wettkampf nicht gesperrt werden, denn der See gehört allen.» Innerhalb der 44Cup Tour 2024 wird Brunnen das vierte Rennen der Serie sein. Lanzarote (ESP), Baiona (ESP), Marstrand (SWE) und ein Ort in der Karibik sind die Austragungsorte nebst Brunnen. Es ist also die einzige RC44-Regatta auf Süsswasser.

Und wer weiss, vielleicht lassen sich in Brunnen in Zukun# nachhaltig weitere Schweizer Nachwuchssegler finden. Christian Zürrer würde es freuen.



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